BELLO läuft weg

In meinem Haus waren stabile Hundemarken zwingend erforderlich. Ich hatte, in früheren Zeiten, für das Land Salzburg einige Jahre als Tierheim, unter dem Begriff "Verwahrer", gearbeitet. Mein Handy lag zu der Zeit nachts neben meinem Bett. Es kam vor, dass mein Team vom Pyjama in die Arbeitskleidung sprang, um ein Tier zu bergen. Es war ein undankbarer "Rund-um-die-Uhr" Job. Einige Besitzer ärgerten sich, wenn sie für das Entlaufen ihres Tieres etwas bezahlen mussten. Die wenigsten waren dankbar, dass das Tier Aufnahme fand und dadurch gerettet wurde, wenn sie die Rechnung für den teuren Bergungs-Einsatz erhielten.

Dabei wäre eine Rückführung zum Besitzer so einfach gewesen. Eine gravierte Hundemarke kostete nur einen Bruchteil dessen, was ein Tierheim für den Rettungseinsatz verrechnen musste. Neben den Fahrtkostenkosten mit zwei qualifizierten Tierbetreuern, war auch die Quarantäne des Tierheimes zu bezahlen. Da der Impfstatus unbekannt war, musste das Tier einzeln gehalten werden. Nur geimpfte Hunde oder Katzen durften in der Gruppe gehalten werden. Das war gesetzlich vorgeschrieben und auch sinnvoll. Mit der, bei uns geforderter, Hundemarke schlug ich zwei Fliegen mit einer Klappe: 1.) für mich und 2.) für den Besitzer.

 

1.) Für mich:  Warum forderte ich Hundemarken

 

Natürlich lebten oft eine größere Anzahl von Vierbeinern auf meiner geliebten Anlage. Nun war es so, dass wir gleiche Rassen (wenn möglich) gerne gemeinsam in einer Gruppe hielten. Das hatte mehrere Gründe. Wenn die Tiere sich miteinander vertrugen, spielten sie wunderbar miteinander. Sie hatten eine ähnliche Größe und ein ähnliches "Aktivitäten-Muster". Auch sah es optisch recht nett aus, wenn man z. B. eine Dackel-, Dobermann-, Retriever-, Husky-Gruppe zusammen laufen ließ.

 

Es gab auch unbeschreibliche Namen bei Hunden, die man sich unmöglich von Anfang an merken konnte. Jetzt wollte man das Tierchen aber gerne mit seinem Namen ansprechen. Das hieß: Erst wurde die Kartei mit den Karteibildern verglichen und gegebenenfalls der Chip ausgelesen. Nun erst hatte man den Namen und hoffte, dass man sich diesen auch merkte. Wenn nicht musste man wieder blättern. Ich hatte zwar ein ganz gutes Namens-Gedächtnis, jedoch bei manchen Anreden ließ es mich im Stich. Wenn wir mehrere Hunde in der Hauptsaison betreuten, arbeiteten mehrere Tierbetreuer. Ich hatte viele Tiernamen Intus - mein Team nicht. Das hieß für sie früher:  BLÄTTERN - BLÄTTERN - BLÄTTERN. Sehr gerne konnte der Hundehalter selbst eine stabile Hundemarke mitbringen. Für den Fall der Fälle, besaßen wir eine eigene Graviermaschine. Bei Hunden war das Tragen einer Hundemarke verpflichtend. Es erleichterte unsere Arbeit enorm. Es war auch für Hunde und deren Eigentümer empfehlenswert.  Dazu eine Geschichte ….. 

 

2.) Für den Besitzer: Die Geschichte: BELLO läuft weg ! 

 

Eines Sommertages fand bei Familie Schuster, einer fünfköpfigen Familie, ein Kindergeburtstag statt. Peter, der jüngste Sohn, feierte seinen zehnten Geburtstag. Es waren 15 Kinder, samt deren Eltern, eingeladen. Der Wettergott war ihnen hold, denn es sollte, laut Wetterbericht, ein sonniger Tag werden. So konnte die Party gut im Garten statt finden. Familie Schuster lebte in einem hübschen Einfamilienhaus mit 2500 m2 Rasenfläche. Schon früh am Morgen begannen die Vorbereitungen für das Fest. Es wurden Lampions zwischen den Bäumen gehängt, Girlanden montiert, Torten verziert, Geschenke zusammengetragen, Stühle und Bierbänke wurden aufgestellt. Kinderspiele mit Luftballons waren geplant und abends sollte mit Beleuchtung und Musik gegrillt werden. Eine Hüpfburg war eigens geliefert worden. Jedes Familienmitglied hatte einen "Job" und auch Verwandte halfen bei den Vorbereitungen mit. Eine wunderbare Party sollte es werden.

 

Der Liebling der Familie, Golden Retriever BELLO, war natürlich mit von der Partie. Die Familie hatte ihn als Welpe gekauft. Nun war er fünf Jahre alt und ein sehr braver, etwas molliger Hund, der die Familie bereicherte. Er spielte gerne Ball, liebte das Schwimmen, war sehr gutmütig und folgte brav. Nachts schlief er immer neben dem Bett von Peter. Diesen Platz hatte BELLO sich irgendwann selbst ausgesucht und die Eltern hatten es erlaubt. Auch wenn sie auf Urlaub fuhren, durfte er zum Camping mitkommen. Natürlich lief er, wie gewohnt, auch während den Vorbereitungen zum Fest frei im Haus und im Garten herum. Es war so wie immer. BELLO war ein liebes Familienmitglied und - wie immer - überall dabei.

 

Die Party sollte um 15 Uhr starten. Letzte Pappteller und Plastikbecher für die Gäste wurden geholt. Die ersten Gäste trudelten überpünktlich ein. Die Familie freute sich, altbekannte Gesichter wieder zu sehen. Ein Aperitif wurde gereicht und die Kinder bekamen Orangensaft oder Limonade. Die Erwachsenen unterhielten sich prächtig und die Kinder spielten. Es erschienen immer mehr Menschen und die Party nahm Fahrt auf. Nachdem alle Gäste auf ihrem Sitzplatz saßen wurde "HAPPY BIRTHDAY" gesungen und es war nun Zeit, die Torte anzuschneiden. Anschließend sollte Peter die vielen Geschenke öffnen.  

 

Peter nahm das Tortenmesser und wollte grade das erste Stück anschneiden, da fiel ihm ein: "Wo ist BELLO?". Der Familienhund war verfressen und sonst immer in der Nähe, wenn es irgendwo etwas Essbares gab. Wo war er? Die Gäste blickten sich fragend um. Die ersten Gäste standen von ihren Sitzplätzen auf und suchten im Garten. Immer mehr verließen den gedeckten Tisch, sodass nur noch die Oma und die alte Tante mit Gehbehinderung, an der langen festlich gedeckten Tafel, sitzen blieben. Man hörte von überall die Rufe: "BELLO!" oder "BELLO KOMM!"

 

Der ganze Garten wurde abgesucht, unter jedem Busch wurde geschaut. Vielleicht war er ins Haus gelaufen? Vielleicht hatte ihn irgendwer irgendwo eingesperrt? Panik machte sich breit. BELLO war wie vom Erdboden verschluckt. Er befand sich weder im Garten noch im Haus. Du meine Güte: Die Gartentür stand offen, weil jemand vergessen hatte, diese zu schließen. Wer hatte das verbockt? Die Gäste und Gastgeber sahen sich betreten an. Wirklich erinnern konnte sich keiner, ob das Tor bereits offen war oder sie es zumachten oder selbst offen ließen. BELLO war ja auch nie weg gelaufen. 

 

Leider blieb BELLO unauffindbar. Jäh wurde die Veranstaltung unterbrochen. Die Geburtstagstorte stand unberührt auf dem liebevoll gedeckten Festtagstisch. Peter, das Geburtstagskind, weinte und wollte weder die Torte anschneiden, noch Geschenke öffnen. Die Gäste waren traurig, denn BELLO blieb verschwunden und das Geburtstagskind lag weinend auf seinem Bett. Jegliches gutes Zureden half nichts, Peter würde nur mit seinem BELLO feiern wollen. 

 

Wie fand man BELLO wieder?

 

Es wurden mit den Gästen Suchtrupps gebildet, welche einen Umkreis von 5 km absuchten. Nachdem die verzweifelte Familie Schuster alle Nachbarn der gesamten Siedlung befragten sowie die Polizei informierten und BELLO weiterhin verschollen blieb, riefen sie bei mehreren zuständigen Tierheimen der Umgebung an. Deren Fragen waren: "Welche Kennzeichnung hat BELLO? Ist er gechippt bzw. hat einen Mikrochip-Transponder? Welches Halsband hat er um? Ist darauf eine Steuermarke befestigt? Trägt er eine Hundemarke mit Telefonnummer? Hat er eine Tätowierung?"

 

Familie Schuster war sich sicher, den reinrassigen Retriever bereits „gechipt“ bekommen zu haben. Verzweifelt begann die Suche nach dem Kaufvertrag und dem Impfausweis. Gottlob wurden die schriftlichen Unterlagen gefunden und so konnten sie den Tierheimen die Chip-Nummer mitteilen.

 

Wozu diente die Kennzeichnung ?

 

Leider war BELLO auch dort nicht abgegeben worden. Eine freundliche Mitarbeiterin eines der Tierheime nahm alle Daten auf und teilte mit, dass die Kennzeichnung nicht nur zum Wiederfinden des entlaufenen Tierchens nützlich ist, sondern, auch vielem anderen dient, nämlich: 

  • dem Nachweis des Eigentums (Tierdiebstähle)
  • dem Nachweis der Abstammung (Sicherung der züchterischen Glaubwürdigkeit)
  • der Rückführung entlaufender Tiere zum Besitzer
  • der zweifelsfreien Zuordnung des Tieres zum Impfpass/EU-Heimtierausweis
  • der Seuchenkontrolle
  • der Erfüllung gesetzlicher Vorschriften
  • dem kontrollierten Öffnen von Tierklappen in Wohnhäusern nur für die eigene Katze.
  • die Ortung des entlaufenen Tieres

Die Tierheim-Mitarbeiterin machte Familie Schuster aber Mut und erklärte, dass üblicher Weise Hunde, falls ihnen ein Chip implantiert wurde, binnen drei Tagen auch wieder rückführbar sind. Chip-Lesegeräte sollten bei allen Tierheimen, Tierärzten, der Polizei, Ordnungsämtern und den meisten Hundevereinen vorhanden sein. Besser wäre es gewesen, BELLO hätte etwas mit einer Telefonnummer am Halsband, da dann der Finder direkt anrufen könnte. Nun  hieß er nur abwarten.

 

Warum bloß .... hatte BELLO keine Telefonnummer ?

 

Es war Mitternacht, als die nächtliche Suche aufgegeben wurde. Die meisten Geburtstagsgäste gingen nach Hause. Einige schliefen auf der Couch und im Gästezimmer. Andere campierten draußen in Zelten. Es herrschte eine bedrückte Stimmung und Peter, das Geburtstagskind, hatte noch immer kein einziges Geschenk geöffnet. Er meinte schnupfend und schluchzend nur: „Das schönste Geschenk wäre, BELLO wäre wieder da.“ Nachdem Peter schlafen gegangen war, unterhielten sich die traurigen Eltern: Warum bloß hatten sie BELLO nicht eine Telefonnummer an das Halsband gehängt? Das hatten sie doch sonst immer getan. Sie hatten früher ein Adresstäschchen mit einem EURO drinnen. Als das kaputt wurde, besorgten sie eine blecherne Metallhülse mit Zettel. Jedoch war der eine Teil mit dem Papier verlorengegangen, sodass die Hülse sinnlos war. Sie hatten übersehen, eine neue Kennzeichnung zu besorgen. Sie fühlten sich schuldig und machten sich große Sorgen. Was, wenn BELLO von einem Auto angefahren wurde?

 

Mitten in der Nacht – lautes Gebell

 

Um 3 Uhr morgens: Lautes Gebell im Garten! Die ganze Familie war nun wach. Einige konnten, aus Sorge, sowieso nicht schlafen. Die anderen wurden geweckt. BELLO hatte von alleine wieder zurück gefunden und stand, zwar sehr schmutzig, aber wohlbehalten vor der Tür. Das Fell von BELLO war nicht mehr golden, sondern mittelbraun und sah aus, als hätte er sich in einem Schlammteich gewälzt. Ein sofortiges Baden war unumgänglich. An Schlafen war nicht mehr zu denken.

 

Peter öffnete noch in der Nacht seine Geschenke und die Welt war – fast – wieder in Ordnung. Eine Kennzeichnung mit Telefonnummer musste jetzt aber unbedingt schnell her! Eine die haltbar und unzerstörbar ist ! Familie Schuster informierte sich – es gab: 

  • Adresstuben auch Adresshülsen genannt (hier war ein kleiner Papierzettel zum handschriftlichen Ausfüllen in der verschraubten Hülse) Diese waren allerdings nicht sehr zu empfehlen, da viele Tiere diese ganz oder teilweise verloren. Oft sah man Hunde mit nur halber Hülse und das Zettelchen fehlte.
  •  Adresstaschen waren oft in Herzform und aus Leder oder Kunststoff. Hier hatte der Besitzer die Möglichkeit neben dem handschriftlichen Papier, worauf er seine Daten schrieb, auch ein Geldstück für den Finder beizulegen (für das Telefonieren). Die Haltbarkeit war hier ebenfalls nicht gegeben, da manche Zettel mit der Zeit unleserlich wurden.
  • Gravierte Hundemarken: Hundesteuermarken waren generell immer graviert und wurden von dem jeweiligen Amt ausgegeben. Anhand dieser konnte man jedoch als Laie schwer die Telefonnummer des Halters feststellen. Deswegen war es ratsam selbst eine Tiermarke mit Telefonnummer gravieren zu lassen. In manchen Tierhotels war dieses auch Aufnahmebedingung. Man fand diese Unikate in  unterschiedlichen Formen (Penny, Herz, Knochen, Hundekopf etc.),  unterschiedlichen Größen,  ein- und mehrfärbig,  aus Aluminium, Edelstahl, Messing oder Plastik. Die Vorteile gravierter Tiermarken waren:  kantenfrei,  abgerundet,  Gravur gut sichtbar,  robust,  rostfrei und  wasserfest

Ende gut – Alles gut !

 

Familie Schuster wurde fündig. Für BELLO wurde noch in der Nacht ein graviertes Schmuckstück, in Form einer Herz-Tiermarke, für das Halsband bestellt. Diese würde in einer Woche geliefert werden. Sollte es ihm noch einmal einfallen, auf Wanderschaft zu gehen, war es dann ganz leicht, ihn wieder zurück zu bekommen. Der Finder könnte einfach anrufen.

 

Die Party wurde am nächsten Tag, mit übermüdeten Gästen, nachgeholt, denn die Tafel stand noch gedeckt da und das Essen war vorbereitet worden. Telefonisch wurde den Teilnehmern, die heimgefahren waren, mitgeteilt: "BELLO ist da. Die Party findet heute statt."  Nun fand das tolle Fest mit BELLO statt, dem man provisorisch einen Plastik-Schlüsselanhänger mit Telefonnummer umgemacht hatte.  Die hübsche Marke war im Versand.