Sprachkultur Internet

Das Internet hätte ein Paradies für Kommunikation sein können, eines in dem Menschen klug und scharfsinnig diskutieren könnten. Jedoch gehörten hier anstelle dessen Beleidigungen, Unterstellungen und Diffamierungen, samt speziellen Worten und Wort-Kombinationen (die man manchmal in keinem Wörterbuch fand), zum ganz normalen Umgangston. Wer im Internet (oft anonym) Kommentare postete, konnte seine Manieren vergessen und zum Rüpel werden.

Gerne nutzte ich Social-Media für mein Unternehmen. Am liebsten verwendete ich Facebook, später kamen noch Kanäle wie Instagram, Twitter und Xing dazu, welche ich aber nur sporadisch bediente. Fast täglich postete ich auf meiner öffentlichen Facebook-Seite bebildert über das Geschehen in meinem Betrieb. Meine Beiträge wurden nicht nur von meinen über 3.400 Facebook-Freunden, sondern auch von vielen Kunden und völlig Fremden gesehen und geteilt.

 

Facebook erreichte viele Menschen

 

Insbesondere bei der Tiervergabe und Tiervermittlung war Social-Media ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Es konnte jeder an Diskussionen teilnehmen, außer den sehr wenigen, ungehobelten, mühsamen Trollen, die ich gesperrt hatte. Mit meinen Beiträgen konnte ich viele Menschen und Gruppen gleichzeitig erreichen und musste nicht einzeln direkt kommunizieren. Meine Kunden freuten sich von der Ferne zu sehen, was ihr Liebling so trieb. Meistens ging es bei meinen offenen locker-flockigen Beiträgen natürlich um Tiere. Hin und wieder äußerte ich mich auch privat oder politisch. Meine Devise war: "Bloß nicht langweilen." Lobhudelei lag mir fern, aber ich wusste, meine Firmenseite war schon recht ansprechend zu lesen.

 

Da praktisch fast jeder Zugang zum Internet hatte, führte es dazu, dass sich die Menschheit in ihrer ganzen, manchmal eben auch unerfreulichen, Vielfalt im Netz zeigte. Beleidigungen in Online-Foren oder bei Beiträgen von Politikern gehörten zum virtuellen Alltag. Mich wunderte es, dass selten die Gerichte bei diesen Kränkungen bemüht wurden, obwohl die meist unwahren Aussagen sehr beleidigend waren.

 

Seit 01.09.2017 war dieses Gesetz in Kraft – Auszug aus dem österreichischen Strafgesetzbuch § 115 StGB Beleidigung: "(1) Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper misshandelt oder mit einer körperlichen Misshandlung bedroht, ist, wenn er deswegen nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen. (2) Eine Handlung wird vor mehreren Leuten begangen, wenn sie in Gegenwart von mehr als zwei vom Täter und vom Angegriffenen verschiedenen Personen begangen wird und diese sie wahrnehmen können."

 

Demnach zählten auch Veröffentlichungen im Internet dazu. Manche Gruppen oder Foren (wie auch die von mir betreuten) wurden von deren Betreibern von Niveaulosigkeiten bereinigt. Darüber hinaus stand es jedem frei, Unflätigkeiten zu ignorieren. Wie überall, wo Menschen miteinander verkehrten, war Nichtbeachtung eine der wirksamsten Ächtungen.

 

Leider war die Versuchung groß, doch einfach Mal seinen „Frust“ ablassen. Wo ginge das besser als im Internet? Man hatte kein direktes Gegenüber und konnte in der Anonymität und Schnelllebigkeit des Internets „Dampf ablassen“. Bei vielen Kommentierenden fand man Fake-Profile und manche Menschen schienen sogar mehrere zu haben. Gottlob selten – aber leider doch manchmal – sah ich mich mit Menschen konfrontiert, die es einfach nicht auf die Reihe kriegten, sachlich zu argumentieren.

 

Meine Empfehlungen im Umgang mit Trollen

 

Meine persönliche Anleitung für all jene, die es bisher nicht geschafft hatten, auch im Internet Manieren zu beweisen oder an all jene, die nicht wussten, wie sie mit ungehobelten "Trollen" umgehen sollten, war: Zu aller erst: Rassistische und hetzerische Kommentare sollten zur Anzeige gebracht werden. Nur weil etwas im Internet stattfand, hieß das nicht, dass man es verharmlosen sollte. Auf Worte könnten Taten folgen.

 

Für jemanden, der (wie ich) die deutsche Sprache liebte, war es oft nicht leicht, Rechtschreib- und Grammatikfehler zu ignorieren. Es führte aber zu nichts, Fehler aufzuzeigen. Warum? Das rechtschreibschwache Gegenüber würde sich nicht einen Duden nehmen und sich mit seinen Defiziten beschäftigen. Man wurde anstelle dessen als „Besserwisser“ beschimpft und die Diskussion driftete in ein anderes Level ab. Ich verstand, dass es schwerfiel, mit Leuten zu diskutieren, die z. B. gegen Flüchtlinge hetzten und gleichzeitig selbst nicht der deutschen Sprache mächtig waren. Hier lautete meine Devise: "Stark bleiben und ignorieren."

 

Ich könnte Lieder davon singen, wie es war, im Internet beschimpft zu werden. Ob ich nun Organisationen half, mich zu meiner politischen Einstellung „outete“ oder Flüchtlinge unterstützte. Leute, mit schlechten Umgangsformen, gab es überall. "Lasst euch nicht auf Beleidigungen ein!", war mein Tipp. Wenn man den Fehler beging und auf Beschimpfungen in gleichem Ton antwortete, hatte man bereits verloren. Warum? Weil man sich auf deren Niveau begeben hatte. Bei mir waren es meist „Tierschützer“, die im Internet herumpöbelten. Ich hatte aber auch politisch aktive Freunde, die sich regelmäßig mit niveaulosen, unsinnigen Beleidigungen herumschlugen.

 

Auch wenn man noch so sehr das innere Bedürfnis verspürte, seinem „Gegenüber“ Mal ordentlich den „Marsch zu blasen“ und ihm zu sagen, was er für ein „Idiot“ ist - Ich unterließ es! Es brachte gar nichts. Man sollte immer mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn man selbst nicht höflich war, konnte man nicht erwarten, dass einem der andere mit Respekt entgegentrat. Egal aus welcher Bildungsschicht man kam, ob man Migrationshintergrund hatte oder nicht, ob man frustriert war oder einfach ziemlich genervt: Keiner von uns hatte das Recht, andere zu beleidigen. Auch nicht im Internet.

 

Sofern man im Internet diskutieren wollte, war eine der wichtigsten Regeln: "Besorgen Sie sich eine dicke Haut." Ich konnte mich gut an das Jahr 2002 erinnern, in dem ich einen regelrechten Shit-Storm, wegen Import von Hunden, erleben durfte. Ich wusste, wie sich das angefühlt hatte. Ich war eine sehr selbstbewusste Person, aber einige beleidigende Kommentare hatten mich echt fertig gemacht. Da ich wortgewandt war und meine Gegner irgendwann nicht mehr argumentieren konnten, schweiften diverse Diskutanten völlig vom Thema ab.

 

Es gab Kommentare über meine frühe sexistische Kindheit (sie fanden im Netz ein Kinderfoto von mir im Minirock) über vermuteten Alkoholismus (ich bin absoluter Anti-Alkoholiker und hatte auf einem Bild eine zu "sonnengebräunte" Nase) bis hin zu dem drohenden Konkurs meines Betriebes (dem es sehr gut ging). Damals hatte ich gelernt: Man musste drüber stehen. Es brachte nichts, wenn man sich den Kopf zerbrach, was jemand über mich sagte oder schrieb. Das galt für das echte Leben und auch für das Internet.

 

Ich diskutierte gerne und hatte eine hohe Toleranzgrenze. Andere Meinungen ließ ich zu und manchmal sah ich Themen in einem anderen Licht. Es konnte passieren, dass ich daher die Seite wechselte. Wichtig war, dass meine Gesprächspartner sich halbwegs freundlich benahmen. Wer das nicht wollte, es gar zu bunt trieb und meine Arbeit zu sehr behinderte wurde, nach dreimaliger Aufforderung sich "besser zu benehmen", gesperrt. Das war das absolut letzte Mittel bei Trollen, welches ich - Gottlob - sehr selten anwenden musste.  

 

Bei einigen meiner Gesprächspartnern hatte ich das Gefühl, dass meine freundliche Erziehungsarbeit nutzte. Deren anfangs plumpe, grobe, unfreundliche Art änderte sich im Laufe meines Schreibens oder die Sperre nutzte. Meine Facebook-Seite war spannend und fast wie eine illustrierte Zeitung zu lesen. Nun hatte ich deren "Gratis-Abo" gekündigt. Im Hintergrund baten mich manche Trolle, die Facebook-Seite doch für sie wieder frei zu schalten, was ich auch tat. Fehler macht jeder Mal und dieser Troll würde bei mir bestimmt nicht nochmals wüten. Vielleicht hatte ich die Welt ein kleines Stück besser gemacht?

 

Niemand war fehlerlos

 

Etwas anonym zu schreiben, außer man musste es generell - wie z.B. bei einer politischen Wahl, wäre mir nicht im Traum eingefallen. Ich stand immer hinter meinen Texten. Was nicht bedeuten soll, dass sich meine Meinung nicht auch einmal geändert hatte. Auch war ich menschlich und daher leider nicht völlig fehlerfrei. Wer konnte schon von sich behaupten "das Maß aller Dinge" zu sein?  Ich versuchte aber immer mein Bestes. Ich glaubte jedenfalls nicht sofort jede (oft noch so verlockende) Meldung. Ich fragte mich bei meinen eigenen Kommentaren: "Bin ich von dem, was ich schreibe tatsächlich überzeugt? Habe ich das kritisch hinterfragt? Habe ich mich eigenständig informiert? Hat mein Gesprächspartner das ebenfalls?"  Dann waren die ganzen Beleidigungen, die Internet-Trolle von sich gaben, völlig egal.

 

Freie Meinungsäußerung war ein wichtiges Gut

 

Wer andere Länder besuchte, wusste wie wertvoll es war, in einem freien Land wie Österreich leben zu dürfen. Das politische System der Republik Österreich beruhte auf den Grundsätzen der Demokratie. Im Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte fand man: "Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten."  Gottlob war das so. Wir sollten uns aber davor hüten, diese Redefreiheit zu missbrauchen. Unwahrheiten oder Mobbing hatten nichts im Netz verloren. 

 

Wir hatten in den letzten Jahren gelernt, das Internet für die Möglichkeit einer grenzenlosen Kommunikation, zu nutzen und schätzen. Jetzt sollten wir lernen, Internet vor jenen zu beschützen, die diese Kommunikation einfach nur vergiften wollen.